Mittwoch, 19. Februar 2014

Motivation aus Sotschi

Vier wunderbare Geschichten aus Sotschi geben mir Mut und treiben mich zum täglichen Training an. Dä wäre natürlich Dario Cologna der trotz seinem Bänderriss am rechten Fuss unbeirrt und ruhig seinen Weg ging. Ein Weg den ihn zu 2 Goldmedaillen führte! Ebenfalls beeindruckt hat mich Dominique Gisin, die in ihrer Skikarriere einige fürchterliche Stürze hatte und sich dabei mehrmals schwer verletzte. Trotz 9 Knieoperationen hat sie nie aufgegeben um als Lohn in Sotschi in der Abfahrt die Goldmedaille zu gewinnen! Dann wäre noch das Märchen der Justyna Kowalcyk, der polnischen Langläuferin, die trotz gebrochenem Mittelfussknochen bei den 10Km klassisch zu Gold lief! Zu tiefst beeindruckt bin ich auch von Steven Holcomb, dem US-Bobpiloten der im Zweier Olympiabronze gewann. Vor sieben Jahren wurde bei Holcomb die degenerative Augenkrankheit Keratokonus festgestellt. Langsam verlor er seine Sehkraft, niemand konnte ihm helfen. Er wurde depressiv, begeht 2007 einen Selbstmordversuch. 73 Schlaftabletten spülte er mit Whisky runter. Doch am nächsten Morgen wacht er wieder auf. Holcomb: „Scheinbar war ich noch für einen größeren Zweck hier.“ Er klappert Augenarzt um Aurgenarzt ab und wird schlussendlich fündig. Die nichtinvasive Heilmethode trägt jetzt seinen Namen: Holcomb C3-R. Da er sich jedoch nicht mehr gewohnt ist alles klar zu sehen, sein Gehirn kann zuviele Informationen nicht mehr verarbeiten, verschmiert er sein Helmvisier vor jedem Lauf, um die Sicht auf ein Minimum zu limitieren! 

Vergangene Woche war ich im Kantonsspital Chur zur ersten grossen Nachkontrolle. Die Röntgenbilder zeigten, dass die beiden 39cm langen Marknägel und die 7 Schrauben perfekt sitzen und Rost frei sind. Auch das Kompartment, also mein offener Wadenbeinmuskel, ist planmässig am zusammen wachsen! Eine Hauttransplantation wird mir erspart bleiben. Ab sofort dürfen meine Therapien intensiviert werden. Die Ärzte meinen, dass ich in 4 Wochen ohne Krücken laufen werde. Meine persönliche Vorgabe sind 3 Wochen. Wieso? Ganz einfach, wenn beim Wanderweg 4 Stunden angegeben sind will ich das Ziel in 3 Stunden schaffen. Dafür trainiere ich täglich mehrere Stunden.

Mein Wunsch auf ein neues Bein konnte man mir zwar nicht erfüllen aber dafür, dass man mir mein Bein gerettet hat bin ich grenzenlos dankbar. Und die Neuprogrammierung auf Ironman sub-9 Stunden (siehe Bild) ist doch auch nicht schlecht!

Nach 8 Wochen im Spital und Rehaklinik werde ich am kommenden Wochenende endlich wieder zu Hause sein. Der Weg bleibt lang und schwierig aber die schlimmsten Wochen dürften hinter mir sein. Triathlon ist kein Ziel aber bleibt ein kleiner Traum.

Grosser Dank geht an das ganze Reha Balgrist Team, einfach super! Und auch diesmal danke ich Allen, die Zeit hatten mich zu besuchen.  

Sonntag, 2. Februar 2014

Rehaklinik Balgrist

Seit 2 Wochen ist die Rehaklinik Balgrist mein neues zu Hause und ich fühle mich rundum wohl und gut betreut. Toll einmal viel Zeit für Bücher, TV und Besucher zu haben, sich auszuruhen und verwöhnen zu lassen? Für alle die sich meine Reha so vorstellen, hier ein bisschen Aufklärung:

6:00 Uhr:
Nach einer unruhigen Nacht bin ich froh wenn das Training endlich losgeht. Mit der Kinetec-Maschine, einer automatischen Kniebewegungsmaschine, versuche ich mein Knie zu mobilisieren.

8:00 Uhr
Frühstück, dass ich wie alle anderen Mahlzeiten, in der kleinen Cafeteria die sich gleich neben meinem Zimmer befindet einnehme.      

                                                                                    8:30 Uhr
Arztvisite! Ich verstehe mich ausgezeichnet mit den beiden Ärztinnen. Wie ein Coach/Athlet Team besprechen wir mögliche Änderungen und Anpassungen von meinen Therapien und Medikamenten. Zur Arztvisite gehört jeweils auch eine aufwendige Wunddesinfektion und natürlich die Erneuerung des Verbandes. Letzte Woche wurden mir täglich ein paar Fäden gezogen und auch die 24 Klammern, durch die, die blau-roten "Schuhbändel" liefen, entfernt. Ein Narkosemittel hab ich dankend abgelehnt. Hey, ich bin ein 17-facher Ironman auch wenn davon aktuell nicht sehr viel zu sehen ist. Meine Narkose waren die neuen Sony-Kopfhörer und "Highway to Hell" von ACDC!

10:00 Uhr:
Abmarsch zur Therapieabteilung die etwa 300m von der Rehaklinik entfernt liegt. Am ersten Tag stellte man mir einen Rollstuhl ins Zimmer. Wir bringen und holen sie dann zur Therapie! Einspruch!!! Ich werde den Weg, als Teil meines Trainings, mit meinen Krücken zurücklegen. Die erste Woche brauchte ich über 20 Minuten und musste auf halbem Weg eine Pause einlegen. Meine aktuelle Bestzeit liegt etwa bei 13 Minuten.

10:30 Uhr:
Lymphdrainage! Meine Lieblingstherapie die dazu dient, meine nach wie vor starken Schwellungen am Fuss und Oberschenkel zu reduzieren. Oft gehört auch ein heisser Heublumenwickel um den Oberschenkel dazu.
Danach fühlt sich der Oberschenkel ganz locker an und ist bereit für eine Lymphmassage. 

12:00 Uhr
Mittagessen. Danach meistens 2 Stunden Zimmerruhe. Aktuell lese ich das Buch "Das Rennen meines Lebens" von Hermann Maier. Die Geschichte die vom Herminator's Motorradunfall, seinen Verletzungen, der Kampf der Mediziner um sein rechtes Bein und seinem Comeback erzählt liest sich ein bisschen wie meine eigene Geschichte. Mindestens bei den ersten Kapiteln könnte man problemlos meinen Namen einsetzen. Ob, wann und wie ich jemals ein sportliches Comeback schaffen werde ist ungewissen aber der Herminator ist definitiv eine Inspiration.

14:00 Uhr
Physiotherapie. Wieder muss ich die 300m zur Therapieabteilung laufen. Bei nassem Wetter humple ich durch die Katakomben des Balgrist, vorbei an der Prothesenwerkstatt was am Anfang mental ziemlich anspruchsvoll war. Bei schönem Wetter wähle ich eine Abkürzung im Freien bei der ich gleich auch noch an die frische Luft komme. Meine Physiotherapeutin und ich verstehen uns bestens. Ziel ist es mein Knie und mein Fussheber zu mobilisieren. Beim Knie gibt es kleine Fortschritte wobei sich beim Fuss leider noch nicht viel tut.


15:00 Uhr
MTT (Medizinische Trainings Therapie): Selbständig gehe ich in die Geräte- und Turnhalle und bewältige ein kleines Circuittraining. Es handelt sich hier um einfachste Übungen! 10x Fussflex am Barren. 10x liegend Beinheben. 10x sitzend Knie anziehen. Ein paar Rumpfbeugen und als Highlight Velo fahren. Aha der trainiert bereits auf dem Velo? Damit es klar ist, es handelt sich um ein spezielles Indoorbike bei dem man die Pedalen an der Kurbel hochschieben kann. Obwohl ich mein Knie erst 80° biegen kann, zum Velofahren sind 110° nötig, bringe ich ein paar Umdrehungen zustande. Das Auf-und Absteigen ist anstrengender als das Velo fahren selbst, obwohl ich auch da nur 10 Minuten mit null Widerstand schaffe.Die Hälfte der Trainierenden sind Rollstuhlfahrer, teilweise frisch operierte. Auch hier waren die ersten zwei Trainings eine mentale Herausforderung. Zwischenzeitlich hab ich mich daran gewöhnt.

18:00 Uhr.
Nachtessen und Rückzug in mein Zimmer. Meistens kommt noch ein Besucher vorbei, was mich immer sehr freut.

20:00 Uhr
Kinetec Training Nummer 2. Während ich noch etwas lese oder TV schaue läuft die Kniemobilisierungsmaschine eine weitere Stunde.

21:00 Uhr
Die "sportlichen" Aktivitäten und die Medikamente führen dazu, dass ich meistens kurz nach neun Uhr einschlafe. Die Nacht wird unruhig, lang und manchmal schmerzhaft. Aber ich habe mich daran gewöhnt und freue mich auf den neuen Tag, denn ich weiss jeder Tag ist ein Schritt in die richtige Richtung.

Am Samstag darf ich jeweils für eine Nacht nach Hause. Sonntagabend erwartet man mich dann wieder in der Klinik. Genau wie früher im Militär!

Am 13. Februar bin ich im Kantonsspital Chur zu einer grossen Nachkontrolle. Dann werden wir sehen wie es weiter geht.

An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich für alle Besuche und für die vielen Glückwünsche zum Geburtstag bedanken!